Ein verhängnisvoller Trend bringt Geschäftsführer, Manager und Vermittler in die Bredouille. Je mehr Versicherer sich wider besseren Wissens fragwürdige Versicherungsleistungen einfallen lassen, um ihren Anteil am wachsenden D&O Versicherungs Markt auszubauen, um so mehr werden sachkundige Stimmen laut, die Leistungen aus der Unternehmens- D&O Versicherung, die ausschließlich dem Organ zu Gute kommen, alles andere als gut zu heißen. (vgl. FTD v. 09.06.2011 und FTD v. 23.01.2012).
Die Problematiken der Reihe nach:
Einige übliche Klauseln in D&O Versicherungen verstoßen gegen geltendes Recht:
Die vertragsüblichen Formulierungen lauten meist wie folgt:
....Gehaltsforderungen versicherter Personen werden in der zum Zeitpunkt der Aufrechnung (Anm. d. Verf.: gemeint ist die Aufrechnung des Unternehmens mit Haftpflichtansprüchen) bestehenden Höhe vom Versicherer für einen Zeitraum von …. Monaten übernommen. Je Versicherungsfall und -periode gilt ein Sublimit in Höhe von….“ Und: „Soweit der versicherten Person – insbesondere wegen Unwirksamkeit der Aufrechnung - ein Ersatzanspruch gegen den Aufrechnenden zusteht, geht dieser Anspruch auf den Versicherer über, soweit der Versicherer die Gehaltsforderungen ersetzt….
Auch, wenn die vereinbarte Versicherungsleistung bei 50% des jährlichen Bruttos liegt und oft eine Höchstgrenze von max. 250.000 Euro gilt, kommt es hier noch deutlich unangenehmer. Ist der Haftpflichtanspruch des Unternehmens gegen die versicherte Person begründet, so hat der Versicherer das Recht, die bereits geleisteten Zahlungen zum Gehalt von der versicherten Person zurückzufordern. Wie viele Versicherte haben solche Klauseln noch nach den vielen guten Argumenten gelesen und die damit verbundenen Problematiken erkannt?
Problem 1: Wann besteht aus juristischer Sicht eine Gehaltsforderung und wann leistet der Versicherer?
Undeutlich ist, wie dieser D&O vertragliche Gehaltsanspruch veranlagt sein muß, dass auch der Versicherer leistet. In den meisten Fällen ist es aus versicherungsvertraglicher Sicht so, dass die Deckungserweiterung Gehaltsfortzahlung nur greift, wenn dieser Anspruch des Organes frei von Einreden und Einwendungen ist. Ist das die übliche Realität, die es mit einer D&O Versicherung zu versichern gilt? Eher nicht.
Problem 2: Wie hoch ist der juristische Anspruch auf die Forderung des versicherten Gehaltes?
Durch sprachliche Ungenauigkeit kommt es auch hier nicht selten zu Irritationen. Einem beispielhaften Vergütungsanspruch i.H. von 200.000 EUR steht ein Haftpflichtanspruch des Unternehmens i.H. von 150.000 EUR an die versicherte Person gegenüber. So beläuft sich der Leistungsanspruch an den Versicherer nur auf lediglich 50.000 EUR und nicht auf die volle Höhe des eigentlichen Vergütungsanspruchs. Wieder nur sprachlich ungenaue Formulierung oder gut kalkulierte Versicherungsbedingungen?
Problem 3: Was ist, wenn die Aufrechnung des Unternehmens mit dem Gehalt nicht rechtens ist?
Auch wenn in diesem Fall der versicherten Person der geltend gemachte Anspruch rechtlich zusteht, kann es nur im Fall einer Dienstvertragsauflösung zu einem "Ersatzanspruch" kommen. Nur so wird aus dem Zahlungsanspruch ein Schadenersatzanspruch. Jetzt stellt sich aber die Frage, ob die Leistung der D&O Versicherung tatsächlich an die Aufhebung des Mandates oder Dienstvertrages geknüpft sein soll? Wohl eher sinnvoll erscheint, dass der Person „der geltend gemachte Anspruch“ auch wirklich zusteht…
Problem 4: Was passiert im Falle einer Insolvenz des Unternehmens?
Hier geht die Zahlung von Gehältern in der Regel zu Lasten der Insolvenzmasse, also zu Lasten durch die Insolvenz geschädigter Dritter: Besonders dann, wenn die Leistung der Gehaltsfortzahlung, wie in den meisten D&O Versicherungen für alle Leistungen üblich, auf die D&O Versicherungssumme angerechnet wird. Wenn jetzt der Rückforderungsanspruch des Versicherers gegen eine inzwischen insolvente Versicherungsnehmerin nicht werthaltig ist und der Vergütungsanspruch der versicherten Person(en) durch die D&O Versicherung bereits befriedigt wurde, ist in diesem Umstand zusätzlich ein Verstoß gegen die Insolvenzordnung (i.S.d. § 123 InsO), zusätzlich die Ausübung eines von der Rechtsordnung nicht anerkannten Absonderungsrechts (vgl. § 51 InsO) und damit als Verstoß gegen geltendes Recht zu sehen.
Tatsache ist außerdem bereits seit dem Jahre 2002, dass das Bundesministerium für Finanzen (BMF) Festlegungen getroffen hat, dass nur, wenn im überwiegenden Maße die Versicherungsleistung der D&O Versicherung dem Unternehmen als Versicherungsnehmerin zusteht, eine D&O-Versicherungsprämie NICHT als ein geldwerter Vorteil der versicherten Personen zu versteuern ist (Rundschreiben des BMF vom 24.01.2002 (IV C 5-S 2332. 8/02)). Das heißt: D&O Versicherungsprämien sind nicht länger als eine Betriebsausgabe zu qualifizieren, wenn ersichtlich ist, dass das Leistungsversprechen nicht vordergründig dem Unternehmen zu gute kommt.
Problem 5: Die aufzuwendenden Kosten für die D&O Versicherung werden über den Versicherungsbeitrag dem Unternehmen zugelastet.
Dies ist unabhängig davon, ob die Leistungen auf die Versicherungssumme angerechnet wird oder "on Top" zur Verfügung gestellt wird.
Unter zwei Gesichtspunken ist dies aber als äußerst kritisch zu bewerten:
1. Da die Werthaltigkeit des gegenüber der versicherten Person gegebenenfalls bestehenden Rückforderungsanspruchs fragwürdig ist, enthält der Versicherungsbeitrag damit letztlich Bestandteile, die nicht als Betriebsausgabe anzusetzen, sondern von der versicherten Person als „geldwerter Vorteil“ zu versteuern wären.
2. Es findet eine "Quersubventionierung" statt, da die Versicherungsleistung in dem Versicherungsbeitrag preislich enthalten ist. Dies steht in einem deutlichen Widerspruch zu der öffentlich geführten Debatte und den politischen Bestrebungen, die den Umgang mit Managementfehlern und die Vergütung dieser betreffend ihren Ausdruck gefunden haben, u.a. im VorstAG (Gesetz zur Regelung der Vorstandsvergütung). Bei AG's ist außerdem zu beachten, dass der Abschluss einer D&O Versicherung die Vergütungsbestandteile enthält, unter dem Genehmigungsvorbehalt der Hauptversammlung steht (BGH-Urteil vom 16.03.2009 – II ZR 280/07).
Fazit ist also: Kompetenz in Sachen D&O Versicherung kommt vor Gehaltsfortzahlung oder Kostenerstattung für psychologische Hilfe im Falle der Versäumnis.Finger weg von der Unternehmens-D&O Versicherung, mit dem letztendlich eher schädlichen Vergütungscharakter für Organe.
Die Klauseln der Gehaltsfortzahlung in der Unternehmens D&O Versicherung sind meist unklar formuliert und stehen in ihrer Wirkung weder im Interesse des Unternehmens noch der versicherten Person oder den geschädigten Dritten. Damit verstoßen sie unter Umständen gegen geltendes Recht und werfen nur ungewollte zusätzliche Probleme auf. Folgen, die sich daraus ergeben, sind Steuernachzahlungen für das Management und rechtliche Konsequenzen. Bei fehlender Aufklärung kann auch der vermittelnde Makler mit Schadenersatzforderungen rechnen.
Wer bei der Absicherung seiner Managerhaftung Wert auf Leistungen wie Gehaltsfortzahlung, Dienstwagenersatz oder sonstige, nur für das Organ geschaffene, Leistungsbereiche legt, sollte besser zu einer persönlichen D&O Versicherung greifen oder mit dieser eigenständigen Vertragsform zusätzlich ergänzen. Hier ist das Organ nicht nur selbst auch Versicherungsnehmer und Nutznießer der Leistungen, sondern es steht auch eine eigenständlige Versicherungssumme zur Verfügung, die nicht von weiteren versicherten Personen aufgebraucht werden kann.
gepr.: JM/SM